»Aufbrechen« schildert den zähen Kampf des Mädchens Tambu um höhere Bildung und wie sie allmählich dem Stammes- und Dorfleben entschlüpft. Aber alles hat seinen Preis … Die Autorin erhielt den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für ihr Gesamtwerk. „Aufbrechen“ ist der 1. Teil einer Trilogie, in der das Aufwachsen eines Mädchen unter den Bedingungen der Kolonialzeit und den Begrenzungen einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft geschildert wird. Es erschien bereits 1988. Leider haben wir Literatur aus Afrika, von Afrikanern, bisher meist ignoriert. Aber das lässt sich ja ändern….
Schicksal von Zeruya Shalev
Die israelische Schriftstellerin, Jahrgang 1959, hat es mit ihrem aktuellen Roman direkt in die Bestseller-Listen geschafft. Im Mittelpunkt stehen zwei Frauen einer Familie, die auf unterschiedliche Weise in interne Dramen eingebunden waren, stets begleitet von den politischen Konflikten ihrer Heimat, und nun auf der Spurensuche nach Erklärungen sind. Dabei wird viel Staub aufgewirbelt. Illusionen erweisen sich als solche und die Frage taucht auf, wie man damit künftig leben kann. Hört sich sehr spannend an…
Vom Aufstehen – Helga Schubert
Helga Schubert (*1940) hat mich meinen Leben lang begleitet nachdem ich als Jugendliche ihre Erzählungen „Lauter Leben“ gelesen hatte. Es besteht aus kurzen Einblicken in die Lebensläufe „erwachsener“ Frauen (in der DDR), aber ich fand es höchst interessant und berührend. Vor einiger Zeit habe ich das Büchlein nochmals gelesen und fand, daß einige Stücke immer noch bestehen können. Nun also ihr neuestes Werk, hochgelobt und mit dem renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis bedacht. Ich bin sehr gespannt.
Nun schlaf auch Du
Eine junge französische Familie, die den Spagat zwischen Familie und beruflichen Herausforderungen bewältigen möchte. Eine Nanny, ein Au-Pair-Mädchen, wird eingestellt und dann sollte es doch möglich sein. Wir selbst kennen das Model kaum, aber anderenorts ist es eine durchaus übliche Variante. Über unerwartete Konfrontationen mit anderen Lebenswirklichkeiten und die Dramatik, die sich daraus entwickeln kann, wird hier berichtet. Verfilmt ist das Buch von Leila Slimani bereits.
Berliner Kindheit um 1900 – Walter Benjamin
Das kleine Büchlein enthält keinen Roman, sondern eine sog. Prosaminiatur. Der Autor, 1892 in Berlin geboren, beschreibt, wundervoll geistreich formuliert und auf höchstem sprachlichen Niveau, Erinnerungen an seine Kindertage während der Gründerjahre. Die kurzen Geschichten sprudeln nur so vor Phantasie und Träumerei eines Halbwüchsigen. Andererseits macht es uns heute noch Freude, Berliner Örtlichkeiten zu erkennen, andererseits wird uns vor Augen geführt, welchen unwiderbringlichen Verlust an Persönlichkeiten die Stadt während der Naziherrschaft erlitt.
Berliner Kindheit um 1900 – Walter Benjamin
Acht Berge
Der Italiener Paolo Cognetti erzählt uns eine Geschichte vom Aufbrechen und vom Wiederkehren. Die Freundschaft zweier Knaben – Pietro und Bruno – steht im Mittelpunkt seines Romans. Beide wachsen in einem kleinen Dorf auf. Später trennen sich ihre Wege, aber ein unsichtbares Band verknüpft die beiden Protagonisten und führt immer wieder zu Begegnungen. Lassen wir uns überraschen. Der Autor bekam große Anerkennung für sein Werk, nämlich zwei Literaturpreise: den Premio Strega und den Prix Médicis étranger.
Nachts ist es leise in Teheran – Shida Bazyar
Wurzellosigkeit – das Sein zwischen der Kultur, aus der man fliehen musste und der Kultur, die den Flüchtling aufnahm – und die Auswirkungen auf die Nachgeborenen, das ist das Thema von Shida Bazyar, einer jungen Autorin mit iranischem Familienhintergrund. Sie hat dafür viel Lob sowie einige Literaturpreise eingeheimst. Ein sehr gegenwärtiges Thema.
Der erste Mensch
Das Buch „Die Pest“ von Albert Camus (1913-1960), 1947 als Verarbeitung der Kriegserlebnisse geschrieben, ist weltweit bekannt. In Zeiten von Corona bekommt es derzeit sogar neue Aufmerksamkeit. Camus war aber vor allem auf dem philosophischen Parkett unterwegs, als Vordenker des Existenzialismus, als „Philosoph des Absurden“, anerkannt, umstritten, verfemt, berühmt. 1957 erhielt er dann sogar den Literaturnobelpreis. Das Werk „Der erste Mensch“ ist tatsächlich erst lange nach seinem Unfalltod, nämlich 1994, erschienen. Es basiert stark auf autobiografischen Elementen, wurde allerdings nie vom Autor beendet.
Lou Andreas-Salomé
Was für eine interessante Frau und doch inzwischen eher vergessen. Zumindest wenn man nicht tiefer in die Bereiche der Psychologie und Psychotherapie eingestiegen ist. Sie verkehrte mit Philosophen und Dichtern, war außerordentlich gebildet und ließ sich offensichtlich selten auf ihren Wegen beirren… Kerstin Decker hat sich in ihrer Biographie gründlich mit ihr beschäftigt.
Stefan Heym: König David Bericht
Mit der Wahl dieses Romans möchten wir diesmal etwas Rückschau halten. Er ist 1972 in der DDR erschienen und traf aus der Erinnerung viele interessante Aspekte der damaligen Situation. Ich selbst kann mich an private Diskussionen zum Thema Macht und Machtmissbrauch erinnern. Wir lasen ja immer so aufmerksam zwischen den Zeilen. Nun wollen wir herausfinden, ob Stefan Heyms Werk für uns noch Relevanz hat, noch „lesbar“ ist.